#7 Juli 2018 – Die Energiewende füttern
Wer Geld ökologisch sinnvoll anlegen oder investieren möchte, kann ganz ohne Fonds und Aktien völlig selbstbestimmt bereits mit sehr kleinen Beträgen Teil der Energiewende werden. Und hat häufig die Möglichkeit, auch inhaltlich mitzugestalten.
Crowdfinanzierung ist das Zauberwort, mit dem verschiedene, durchaus auch althergebrachte Formen der gemeinschaftlichen Finanzierung neu aufgelegt und meist online durchgeführt werden. Allen „Crowd“-Finanzierungsformen ist gemeinsam, dass sie nicht auf wenige große Finanzquellen, sondern auf eine große Zahl kleiner KapitalgeberInnen setzen. Je nach Modell handelt es sich um Spenden, Kredite oder Beteiligungen. Finanziert werden auf diese Weise Projekte, die ein paar Hundert Euro benöti-gen bis zu Vorhaben in Millionenhöhe. Und bereits mit ein paar Euros ist man dabei.
Aus Alt mach Neu
„Crowdfunding heißt ja Finanzierung über viele Leute. Und das wird seit hundertfünfzig Jahren von den Genossenschaften gemacht“, erinnert Christian Wolbring daran, dass solche, heute manchmal auch Schwarmfinanzierung genannte Formen der kollektiven Geldaufbringung keine gänzlich neuen Erfindungen sind. Wolbring ist Finanzkoordinator im Smart Cities-Demoprojekt Amstetten Smart City Life 2030 – Future Hub. Das Future Hub soll als soziokratisch organisierter Arbeits- und Bildungsstandort in der Remise des ehemaligen Amstettner Güterbahnhofs entstehen. Um diesen zu finanzieren sowie seine Entwicklung zu lenken, schließen sich die künftigen NutzerInnen des Future Hubs zu einer Genossenschaft zusammen: „Man versucht hier eine langfristige Verbindung aufzubauen und miteinander ein Geschäft zu machen. Da ist das Thema Genossenschaft mit Sicherheit eine vernünftige Rechtsrahmenform“, ist Wolbring überzeugt.
Genossenschaften sind wieder „In“
Auch Theresa Imre, Gründerin und Geschäftsführerin von Markta zieht eine Form von Crowdinvesting als Geschäftsmodell in Betracht. Markta ist eine Plattform, die unter Einbindung der Gemeinschaft unter anderem mit neuen digitalen Technologien die Direktvermarktung an verschiedensten Stellen der Wertschöpfungskette unterstützt. Imre beschäftigt sich mit der Frage, warum man die ganze Sache nicht in einer Form aufteilt, „… sodass ein gewisser Anteil von Markta den ProduzentInnen gehört“? Denn sie sieht die Plattform vorrangig als ProduzentInnennetzwerk. „Weil dort ist wirklich ein Leidensdruck vorhanden. Die KonsumentInnen sind im Lebensmittelbereich übersättigt. Wir haben in Wien die höchste Supermarktdichte in ganz Europa. Die KundInnen sind also nicht die, die den Leidensdruck haben, etwas in dem Bereich verändern zu wollen. Die ProduzentInnen aber Vollgas. Und daraus kommt extrem viel Momentum und Bewegung. Deswegen sehe ich auch ganz stark die ProduzentInnen als unsere Community“.
Crowdfunding als Proof-of-Concept
Ein sogenanntes Reward-Based-Crowdfunding, also ein Funding mit „Dankeschön“ für jeden Beitrag hat Markta bereits hinter sich. Kurz nach ihrer erfolgreichen Teilnahme am Smart City Award Greening the City nutzten Imre und ihr Team eine Fundingaktion strategisch als Marketingaktion vor dem Start des Direktvermarktungs-Prototypen: „Auch dafür kann man Crowdfunding meiner Meinung nach verwenden. Wir haben so 10.000 Euro an Gutscheinen von Markta verkauft“. Das ist natürlich ein starkes Argument gegenüber ProduzentInnen, Banken, FördergeberInnen und InvestorInnen, wenn man sagen kann: Es gibt all diese InteressentInnen, und es wurden bereits Umsätze getätigt, bevor die Plattform überhaupt fertig entwickelt ist. So öffnete die längst überzeugte Crowd die Türen zu größeren Anschlussfinanzierungen: „Also war es nicht nur eine reine Marketingaktion, sondern auch eine Finanzierungsstrategie im größeren Sinn“, schließt Imre.
Crowdfunding für Materialkosten
Unmittelbar für die Umsetzung ihres Vorhabens brauchten die Leute von Baus! Das grüne SelbstBauHaus Geld, das sie per Crowdfunding gesammelt haben. Baus! ist ein von Laien gemeinschaftlich errichtetes mehrstöckiges Öko-Haus, das im Rahmen des Projektes BuildyouCity2gether Wien Aspern errichtet wurde. „Die SelberbauerInnen haben ihren Beitrag in vielerlei Form geleistet. Sie haben geplant, gebaut, viel gelernt und sich auch finanziell eingebracht. Trotzdem wäre es schwierig gewesen, alles selber abzudecken. Lehm, Holz, Stroh, Dämmmaterial, Holzöl, Fenster, Pflanzen und Bewässerung haben ihren Preis“, weiß David Marek von Baus!. Hier konnte dank vieler kleiner Geldbeträge Baumaterial für das Haus erworben werden.
Auf Plattformen wie Green Rocket oder der Sustainable Energy Financing Platform Austria (SEFIPA) werden laufend Projekte in den Bereichen nachhaltige Energie, Umwelt und Mobilität gesucht und bei der Crowd-finanzierung unterstützt. So wurden über Green Rocket in fünf Jahren 38 Projekte mit insgesamt rund 7,5 Millionen Euro erfolgreich finanziert. Also: Ideen? Heraus damit!