Smart Town Traiskirchen – Auf dem Weg zur CO2-neutralen Kleinstadt

Im Zuge der Ausrufung des Klimanotstands im Juni 2019 hat sich die Stadtgemeinde Traiskirchen das ambitionierte Ziel gesetzt, CO2-Neutralität zu erreichen. Dieser Entschluss stellt eine große Herausforderung dar, da der Energieverbrauch aktuell zu rund 3/4 auf Basis fossiler Energiequellen gedeckt wird und zudem kein offizielles schriftlich festgehaltenes bzw. beschlossenes Maßnahmenpapier zur Umsetzung dieses Ziels vorliegt.

Hier setzte das gegenständliche Projekt an, als dessen Ergebnis ein umfassender Maßnahmenplan entwickelt wurde. Dieser adressiert alle Aktionsfelder der Smart City Initiative, wobei die Schwerpunkte auf Energieversorgung und -nutzung, Bestand und Neubau, Siedlungsstruktur und Mobilität sowie Kommunikation und Vernetzung liegen. Im Maßnahmenplan sind über 300 Maßnahmen nach Wichtigkeit und Dringlichkeit priorisiert sowie in relevante Themen (Wärme/Strom/Mobilität & Treibstoff/Energieversorgung/Anpassung) und Akteursgruppen (Stadt/Private/Wirtschaft) untergliedert.

Ausgangssituation

Traiskirchen ist seit 1950 durch ein stetiges Bevölkerungswachstum gekennzeichnet, welches zu einem zunehmenden Bebauungsdruck, Zersiedelungstendenzen und einer sukzessiven Bebauung führt. Im Gemeindegebiet von rund 29 km² ist eine Bevölkerung von mehr als 20.900 Personen (inkl. Zweitwohnsitz) ansässig. Die Stadtgemeinde zählt zudem zu einem beliebten Wirtschaftsstandort. Etwa 170 Gebäude mit einer gesamten Nutzfläche von 150.000 m² stehen im Gemeindeeigentum, zwei Drittel davon sind Wohngebäude. Für die Gebäude im Stadtgebiet resultiert ein Wärmeverbrauch von rund 227 GWh/a sowie ein Stromverbrauch von etwa 64 GWh/a. Der Treibstoffbedarf im Gemeindegebiet beträgt rund 172 GWh/a. Die aktuellen CO2-Emissionen aus dem Gebäudebestand (Wärme und Strom) können mit rund 63.400 t/a abgeschätzt werden, jene aus dem Mobilitätssektor mit rund 45.700 t/a. Die Kläranlage Traiskirchen ist auf 33.000 Einwohnerwerte ausgebaut und weist große Potenziale für eine Nutzung der thermischen Abwasserenergie auf. Ein Solarkraftwerk bestehend aus 674 PV-Modulen mit einer Leistung von insgesamt 175 kWp liefert aktuell Sonnenstrom für die Abwasserreinigung. Die Stadtgemeinde führt bereits ambitionierte Maßnahmen hinsichtlich Klimaschutz durch, wie etwa die Unterstützung der Errichtung von E-Tankstellen, die Versorgung der Kläranlage mit eigenem Strom aus einer Photovoltaikanlage oder die Errichtung neuer stadteigener Gebäude unter Einhaltung des Passivhausstandards.

Ziele & Ergebnisse

Das primäre Ziel des Projekts - die Entwicklung eines Maßnahmenplans, der in strukturierter Form Maßnahmen und Strategien zur Erreichung des von der Stadtgemeinde Traiskirchen formulierten Ziels, CO2-Neutralität zu erreichen, beschreibt – wurde erfolgreich umgesetzt. Der Maßnahmenplan umfasst über 300 Maßnahmen, die unterschiedlichen Akteur*innen und Kategorien zugeordnet sind. Zudem erfolgte eine Priorisierung der Maßnahmen nach deren Wirkung und Dringlichkeit. Dadurch ist auf den ersten Blick ersichtlich, welche Maßnahme mit welchem Aufwand und welcher Wirkung umgesetzt werden kann. Der Maßnahmenplan wurde in Kooperation und Diskussion mit der Stadtgemeinde entwickelt und soll zur Erreichung des Ziels der CO2-Neutralität verhelfen. Folgende Schritte sind während des Projekts erfolgt: Zunächst wurde eine Ist-Stand-Erhebung durchgeführt, wodurch eine solide Datengrundlage geschaffen (wesentlich dabei war das Schaffen eines Überblicks über die Energiebedarfs- sowie -versorgungssituation) und prioritäre Handlungsfelder herausgefiltert und analysiert wurden. Weiters erfolgte – ausgehend von der sektoral differenzierten Betrachtung des Energieverbrauchs – eine räumlich und zeitlich hoch aufgelöste Modellierung des Energiebedarfs. Ein besonderes Augenmerk wurde dabei auf räumlich differenzierte Strategien zur Wärmeversorgung und zur Unterstützung klimafreundlicher Mobilität gelegt. Überdies wurde ein Partizipationsprozess erfolgreich umgesetzt, wobei eine Beteiligung auf drei Ebenen (breite Wohnbevölkerung, Traiskirchner Betriebe, Schulkinder) stattfand. Dieser umfasste etwa Workshops in Schulen und lokalen Betrieben sowie eine Umfrage an die Bevölkerung mittels Fragebogen. Dadurch soll eine hohe Akzeptanz für die Klimaziele der Stadt und die Identifikation der Bürger*innen mit selbiger erreicht werden.

Innovation

In Bezug auf die Situation der Stadtgemeinde Traiskirchen besteht die wesentliche Prozessinnovation darin, dass bei Umsetzung des gegenständlichen Projekts zum ersten Mal für die Stadtgemeinde ein Maßnahmenplan entwickelt wurde und als Folge dessen ein Strategie- und Umsetzungsprozess in Gang gesetzt wird, in dessen Zug die Gemeinde laufend Fortschritte in Richtung des Ziels der CO2-Neutralität machen will. Traiskirchen nimmt hierbei eine Vorreiterrolle in ganz Österreich ein. Im Rahmen des gegenständlichen Projekts kamen fortgeschrittene Methoden der raum-zeitlichen Energiemodellierung und der Energieraumplanung zur Anwendung, wodurch räumlich differenzierte Sektorkopplungspotenziale abgeleitet werden konnten. Dieser Anwendungsfall ist noch nicht sehr verbreitet, wird allerdings aufgrund der Notwendigkeit, vergleichbare Strategien zu entwickeln, künftig massiv an Bedeutung gewinnen. Außerdem ergibt sich bei jeder Anwendung ein Lernprozess, der zur Weiterentwicklung dieser Tools führen kann (insbesondere, wenn sich diese in einem eher frühen Stadium der Entwicklung befinden).

Forschungsergebnisse in die Praxis überleiten

Im Rahmen des Projekts erfolgte die Entwicklung praxistauglicher und bedarfsorientierter Lösungen und Maßnahmen, die auf die lokalen Bedürfnisse der Bewohner*innen und Wirtschaftsakteur*innen im Stadtgebiet abgestimmt sind. Dazu wurden Forschungsergebnisse aus der Energieraumplanung in der Praxis (auf die Stadtgemeinde Traiskirchen) angewendet. Als Resultat des Sondierungsprojekts liegt ein etappenweise aufgebauter Maßnahmenplan vor, der eine zeitliche Priorisierung der Maßnahmen berücksichtigt.

Stadt als Testbed nutzen

Das Projekt schaffte die Basis, um aktuelle wissenschaftlich-technische Erkenntnisse im realen urbanen Testbed einer gesamten Kleinstadt anzuwenden und zu erproben. Der Experimentierraum dabei war die Stadtgemeinde Traiskirchen, wodurch ein Analyseraum erprobt wurde, der auch für viele andere Kleinstädte Österreichs relevant ist. Der Experimentierraum kann in mehrere Teilräume bzw. Wirkungsbereiche gegliedert werden: Stadt, Wohnbevölkerung, ortsansässige Betriebe.

Kommunalen Mehrwert erzeugen

Im Zuge des Projekts wurde die Machbarkeit von innovativen technischen Umsetzungsvorhaben bzw. Maßnahmen zur Erreichung der CO2-Neutralität einer Kleinstadt untersucht und ein Prozess der Bewusstseinsbildung innerhalb der Bevölkerung angeregt. Zusätzlich generiert das Projekt auch einen Mehrwert für andere Kleinstädte, wobei insbesondere die Erfahrungen zur Schaffung eigener Ressourcen in der Verwaltung sowie die Erfahrungen im Rahmen des Partizipationsprozesses essentiell erscheinen.

Summary

The municipality Traiskirchen, a town with about 20,900 inhabitants, lies in the district Baden, which is located 20 km south of Vienna. Thus, it belongs to the city region of Vienna, known as the agglomeration belt around Vienna. Traiskirchen attracted media attention when the mayor announced in June 2019 that Traiskirchen was the first Austrian city to declare the "climate emergency". In this regard, the municipality of Traiskirchen has set itself the ambitious goal of achieving CO2 neutrality. This decision is a major challenge, as currently about three quarters of energy consumption is covered by fossil fuels and there is no official written or adopted action plan for the implementation of this goal. This is where the objective project came in, the result of which was the development of a comprehensive action plan. This action plan addresses all fields of action of the Smart City Initiative, with the focus on energy supply and use, existing and new buildings, settlement structure and mobility as well as communication and networking. In the action plan, more than 300 measures are prioritised according to importance and urgency and subdivided into relevant topics (heat/electricity/mobility & fuel/energy supply/adaptation) and actor groups (city/private/business). The basis for the development of the action plan was a survey of the current situation and spatio-temporal energy modelling approaches. Relevant stakeholder groups (companies, population, schools) had the opportunity to participate in the development of measures through participation programmes (questionnaires, workshops).

Zuletzt aktualisiert am 12/21/2021

Projektdaten – Einstiegsprojekt im 11 Call

Projektstart: 01.03.2020
Projektende: 31.08.2021
Genehmigte Förderung: € 49.908
Genehmigte Projektgesamtkosten: € 68.686

Konsortium

Schöberl & Pöll GmbH (Konsortialführer)
Universität für Bodenkultur Wien - Institut für Raumplanung, Umweltplanung und Bodenordnung (IRUB)
Stadtgemeinde Traiskirchen

Projektergebnisse

Ansprechpersonen

Projektleitung DI Klemens Schlögl Schöberl & Pöll GmbH +43 (0) 1 7264566 - 14 E-Mail
Programm-Management Klima- und Energiefonds Smartcities E-Mail